Journal 12: Krank
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Journal 12: Krank

Webmentions

Habe heute einen der Nachteile der webmentions.io Implementation herausgefunden: der Feed kann nur 25 Einträge halten. Da ich den Feed nur alle 30 Minuten abfrage, gehen bei “viralen” Dingen, wie diesem Eintrag und anderen, die meisten Webmentions verloren. Vielleicht muss ich das wirklich lokal implementieren.

Find your Voice

Es wird ja ziemlich viel über Sprach-Synthese gemeckert und die Gefahren, dass Jemand mit AI Fake einer anderen Person Worte in den Mund legt. Auf der anderen Seite hier die Geschichte einer Person in meinem Umfeld, der wir mit ElevenLabs eine Stimme gegeben haben. A hatte vor vier Jahren Krebs, der auch zum vollständigen Stimmverlust führte. Seitdem nutzt sie Sprach-Synthese um Dinge zu besprechen oder sich mit Freunden und Verwandten zu unterhalten.

Unser erster Schritt war es, vor 2 Wochen, zu versuchen Apples “Siri” auf ihre Stimme zu trainieren. Das funktionierte (natürlich) nicht, da Apple 150 Sätze nachgesprochen haben möchte. Das kann sie selbstredend nicht mehr. ElevenLabs, auf der anderen Seite, kann nach Analyse alter Sprachdaten neue erstellen. Billig ist das nicht, aber es funktioniert. Zum Glück hatten ihre Kinder etwa drei Stunden Sprachdaten von Videos und Audioaufnahmen, die ziemlich frei von Hintergrund waren. Damit kann sie morgen auf dem 20. Geburtstag ihres Sohnes, diesem in ihrer eigenen Stimme gratulieren und sogar beim Happy Birthday mitsingen.

Ich werde jetzt meine Stimme konservieren. Man weiß ja nie.

Rotz und So…

Der größte Nachteil des “Selbstständigseins” (auch als “arbeitslos mit Ideen” bekannt) kommt heute auf: ich bin krank. Richtig, rotzend, schniefend, fiebernd, will-im-Bett-sein, krank. Und es gibt niemanden, den ich anrufen kann, um meine Schicht zu übernehmen.

Trotzdem geht der Tanz weiter, vor allem der Kampf gegen die von Abbott durch die Beendigung des Libre 2 Glukose Sensors erzwungene Obsolenz von Software der Community, die Abbott’s “Walled Garden” durchbrach und das Gerät nutzbar machte. Zurzeit arbeite ich an einer Lösung, die die vom Libre geschriebenen Daten aus Abbott’s Web Portal ausliest und wieder in Nightscout schreibt. Timo Schlüter hat da bereits eine funktionierende Lösung in Typescript veröffentlicht.

Auf dem Weg zu mir sind ein Libre 3, aber halt auch ein Aura Strap und ein Ring One, das wird eng diese Woche mit neuen Spielsachen.

Social Media Weirdness

Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat heute bekanntgegeben[1], dass die Twitter-Nutzerin “Jule Stinkesocke” oder Julia Gothe, nie existiert hat. Das Blog wurde von einer Drittperson seit 2009, erst als Like-Grab und dann zum finanziellen Gewinn, verfasst.

Ein echter Long Con, wenn ich das mal so sagen darf. Eine Person (jetzt bekannt) beschließt, nach genauer Analyse der Twitter- und Sozialmedien-Landschaft, eine Person zu erfinden, die genau die Befindlichkeiten der Intelligentsia anspricht.

Weiblich, behindert, sex-positiv. Ihr passieren immer genau die Dinge, die Likes und Empörung generieren, die in genau eine Kerbe schlagen. Dafür erhält sie Preise und das zieht auch die Spendenaktionen in fünfstellige Zahlen.

Man kann den Stinkesocke-Account wirklich als den Vorreiter der Twitter-Erfolgsformel “Ich war in X und ein Y hat Z gemacht, und Keiner hat was gesagt. Dann habe ich aber A gemacht und alle haben geklatscht.” bezeichnen. Zudem war “sie” multi-plattform, es gab ein Blog, es gab den Twitter-Account, und es gab diverse andere textuelle Veröffentlichungen.

Als die ersten Fetzen Lack abblätterten, legte der Autor noch einen drauf. Trotz Realschulabschluss durfte Jule jetzt Medizin studieren. Das Blog bog sich mehr in Richtung Liebe, Sex, und Hammerexamen, während die o.g. Formel Twitter dominierte. In einer medienübergreifenden Manier brachte das Blog Leser auf Twitter und Twitter Leser auf das Blog, welches zeitweise Werbeeinblendungen hatte.

Jules letzte Jahre waren eine Mischung aus Anprangerung der medizinischen Realitäten des Gesundheitswesens und Angriffe auf das Lehrerzimmer durch Jule’s fiktive Pflegetochter, welche ebenfalls bloggte und Twitter nutzte.

Einladungen zu Gesprächen, Talkshows, und mehr wurden immer mit dem Hinweis auf Stalker und Andere abgelehnt. Mein Versuch, Jule damals als eine weitere Ärztin mit Behinderung zu einer (für sie sicheren und anonymen) Teilnahme an einem Zoom Meeting während der Pandemie zu werben wurde ebenfalls mit dem Hinweis dass ich als “alter, weißer” Mann nicht sicher sei, abgelehnt.

Jule’s “Pflegtochter” hatte wie beschissen Schule ist als Thema. Dabei wusste sie nicht einmal, in welchem Bundesland sie Abi machte, hatte aber jeden zweiten Tag eine Geschichte darüber, wie sie von Mitschülern oder Lehrenden angegriffen oder anderweitig diskrimiert wurde.

Das führte dann auch zur Auflage von “Eine Socke für Dich,” der dritten Spendenaktion Jule’s. Zusammen muss der Autor der fiktiven Geschichten seit 2009 etwa 130.000 Euro an dem Account verdient haben. Kein guter Stundenlohn, wenn Du mich fragst.

Jule “flog auf” als Fragen aufkamen, warum ihr Profilbild das einer Pornodarstellerin war. Aus dieser eigentlich ganz unschudigen Frage wickelte sich das ganze ab. Hätte Jule’s Autor nicht mit der Addition von Helena, der Pflegetocher, das Twitter-Lehrerzimmer gegen sich aufgebracht, gäbe es Jule wohl heute noch.

Jetzt ist sie Sozialmedien-Lore und eine Warnung, dass wenn es zu sehr die Befindlichkeiten kitzelt, es wohl zumindest suspekt sein sollte.

Footnotes:

  1. Der Account “Pudelkernspin” auf Twitter ist einer der Betreiber der Aufdeckung Jule’s fiktiver Natur. ↩︎