Ein Leben ohne Google ist möglich, aber…

Vor einiger Zeit habe ich mir ganz aktiv die Frage stellen müssen, ob ich im Apple Ecosystem bleibe oder, nach 8 Jahren, wieder wie ein räudiger Hund zurück zu Google gekrochen komme. Am Ende hat die Vernunft gesiegt, und ich bleibe bei Apple.

Gründe gibt es recht viele, aber der Hauptgrund liegt einfach in der Natur der beiden Firmen. Google ist eine Werbefirma, die uns für unsere Daten mit schönen Spielsachen bezahlt. Apple ist eine Hardware-Firma, der unsere Daten mehr oder weniger egal sind, so lange wir brav mehr für einen Laptop bezahlen als gut für uns ist.

Ich zahle gerne etwas extra, um meine Daten bei mir zu behalten.

Da ist nur ein Haken: selbst wer Apple diese Wucherpreise bezahlt, ist immer noch ein Sklave Google’s. Und das musste sich ändern. Also habe ich. Mit … sagen wir mal „durchwachsenem“ Erfolg.

Als Suchmaschine nutze ich nicht erst seitdem Kagi. Kagi kostet Geld, hat aber ein paar geile Features, die ich bei Google vermisse. Und die Werbung und „promoted results“ vermisse ich gar nicht. Ich kann zum Beispiel Quellen als wichtiger oder unwichtiger markieren

Einstellungen für Resultate bei Kagi.

Vermissen tu ich nichts, die Suchergebnisse sind auch seit ein paar Wochen on-par oder besser als die bei Google. Das größte Problem bei Kagi ist es, Browsern und Betriebssystemen beizubringen, dass das jetzt die Suchmaschine ist. Für Chrome (das wäre ja wieder Google) gibt es da ein Plugin, iOS Safari muss umständlich umgestellt werden indem man extra Apps installiert.

Was uns zum Browser bringt. Arc nutzt zwar Chromium, ist aber seit seiner frühen Beta mein Lieblingsbrowser, weil außer der Seite nichts angezeigt wird. Alles „technische“, von der URL-Zeile an, wird versteckt und mit Tastenkombinationen aufgerufen. Das ist gewöhnungsbedürftig, aber geht schnell. Sonst Safari. Auch wegen der Einbindung der Apple Keychain, für die bei Arc ein Plugin gebraucht wird.

eMail, natürlich Fastmail. Eine geniale Firma, deren Kundendienst so ziemlich der Beste ist, den ich erlebt habe. „Kostenlos“ dazu gibt es DNS und Kalender, auch wenn ich für das Letztere Apple’s eigenen Kalender verwende.

Bei Maps wird’s schwierig. Zwar wird Apple Maps immer besser, aber an Google kommt es halt nicht ran. Es fehlen hunderte von Einträgen alleine in meiner Gegend, und wenn es darum geht, Restaurants oder Hotels zu finden, ist es ganz schlimm außerhalb der US-amerikanischen Ballungszentren. Vielleicht nicht ganz so schlimm in Berlin wie in Köln, Hamburg, oder München, aber wer sich in Berlin aufhält, der hat sowieso den Griff ans Leben verloren. Und „wie komme ich hier weg“ kann auch Apple gut beantworten.

Bleibt YouTube, was ich in der Tat sehr vermisse. Viele meiner Freunde sind Creators, und deren Videos kommen halt nun mal nicht außerhalb der Site vor. Auch wenn Google’s CPM scheiße ist, die generelle Apathie des Fediverse führt dazu, dass man eben dort keinen Qualitätscontent machen kann, weil die Zuschauerzahlen nicht die Werbeeinblendungen bringen, die für Redaktion und Schnitt sowie Recherche bezahlen.

Bleibt immer noch die Tatsache, dass Google in meine eMails reinschaut, wenn ich jemanden eine an seine @gmail.com Adresse schreibe. Kein Fan, aber was kann man machen? Zumindest habe ich mit Fastmail und Kagi schon mal die großen Datenkraken ausgeschaltet und mit Safari einen zukunftssicheren Browser, der auch mit Mainfest v3 immer noch brav Werbung blockt.

Unterwegs

Ab heute bin ich unterwegs. Das heißt, weniger schreiben, mehr erleben. Auf Instagram und im Fediverse werde ich weiterhin ein wenig aktiv sein, aber es geht mir gerade mehr darum, mit mir selbst auf dem Weg zu sein, als um Internetpunkte.

Note: Seit September 2024 ist auch dieses Blog wieder voll im Fediverse vertreten, wenn Du das also später liest (warum?) dann kannst Du auch einfach @mikka folgen, und Sachen von hier bekommen. Ich empfehle trotzdem immer @mikka für das ganze Fediverse-Gedöns.

Bilder findet man auf Flickr (die URL für das Album poste ich demnächst im Fediverse).

Wie jedes Jahr, habe ich wieder eine Begleitung dabei. Dieses Mal ist es Lenny the Lion, ein junger Löwe, der gerne einmal die Burgen Schottlands sehen will, weil da ja auch Könige mal gewohnt haben.

Lenny folgt Sprocket, Pollux, Brooce the Moose, Paula Maus, und Bertha Bär, als Begleiter, ist also in guter Gesellschaft.

Wer letztes Jahr nicht dabei war: die Idee mit den Begleitern ist jetzt sechs Jahre alt. Damals hatte ich eine kurze Rotation durch ein Kinderkrankenhaus und hatte viel mit Kindern zu tun, die dort manchmal Monate verbringen mussten. Ich versprach, dass ich Bilder von meiner anstehenden Wanderung schicken würde, fand das ganze dann aber doch ein bisschen fad, so einfach „guck mal Urlaub“.

Also „erfand“ ich Bertha Bär, meine Reisebegleitung, die den Kindern fast täglich eine Zusammenfassung und einige Bilder und Videos schickte. Als wir wieder in DE ankamen, ging Bertha zu den Kindern um dort zu leben, zusammen mit einem Buch in das wir die Geschichten ausgedruckt hatten.

Mit Brooce kamen dann auch noch Briefe von anderen Wanderern dazu, und Sprocket hatte als erste einen USB Stick mit Videos anderer Wanderer dabei, die alle eine Geschichte erzählten.

Im Hintergrund gibt es immer zwei Plüschies. Eines, das mit mir mitkommt, und eines das in einer Plastiktüte zuhause wartet. Das hat seinen Grund: viele der Kinder sind aktiv immunkompromittiert[^1]. Und ein Plüschie, das 2000 Kilometer durch Hostels und Wald und Feld ‚gewandert‘ ist, hat Pathogene in und an sich.

[^1]: „aktiv“ bedeutet hier, dass das Ganze mittels Therapie so ist. So wird zum Beispiel das Knochenmark in Kindern mit bestimmten Blutkrebsen aktiv ausgeschaltet (und da kommt viel der Funktion des Immunsystem her).

Weihnachtsmärkte

Ich liebe Weihnachtsmärkte. Das ist ungewöhnlich. Als Progressiver wird von mir natürlich erwartet, dass ich diese Zurschaustellung religiöser Mythologien, gepaart mit eklatantem Konsumdenken, ablehne und mich aufs härteste gegen die Volkstümelei der Vorweihnachtszeit ausspreche.

Weihnachtsmarkt in Mainz

Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, liebe ich den Markt in all seinen Formen. Der säkulare „Wintermarkt“, der pseudo-skandinavische „Hyggemarkt“, die „Ritterliche Adventszeit“, oder sogar die weltweit gehypten Großweihnachtsmärkte in Nürnberg oder Hamburg.

Ich mag Menschenmengen nicht wirklich. Ich hasse es, mich durch Gruppen zu zwängen, und ich bin kein großer Fan der überteuerten Speisen und Getränke. Und trotzdem liebe ich den Markt immer noch.

Weihnachtsmärkte sind es, wo man zusammenrückt. Sich warm und gemütlich am Glühwein oder der Feuerzangenbowle festhält, Kartoffelpuffer mit Knoblauchsoße futtert, und sich von den Lichtern, dem Lachen und den Wärmestrahlern zur Ruhe verführen lässt. Als Notfaller ist das die Zeit für mich, in der ich kaum bis keine „Aggressionsverletzungen“ zu behandeln habe. Menschen verbrühen sich, rutschen auf Eis aus, oder trinken zu viel, aber Schlägereien und andere negative Interaktionen sind seltener.

Weihnachtsmarkt in Köln

Dafür gibt es den Sommer. Aber jetzt ist Winter, der Schnee fällt, der MP3-Player spielt Wham’s „Last Christmas“, ich verliere das Last Christmas Survival Game, und Menschen sind netter zueinander.

Man geht zusammen aus, bleibt zusammen, und geht zusammen wieder nach Hause. Zusammengerückt steht man am Stand, hält den Glühwein als Anker in den Händen, erdet sich über die auf den Stehtisch gestützten Ellenbogen, und schaut in die Gesichter der Freunde, die warm und rot von der Kälte und dem Alkohol glänzen.

Das obligatorische Nürnberger Weihnachtsmarkt Bild

Hier entstehen Geschichten. Die langen, die sich über Jahre und Generationen hinziehen. Das Oppositum zu den schnellen und heißen Kurzgeschichten des Sommers. Wer sich darauf einlässt, der erfährt zwischen gebrannten Mandeln und Lebkuchenherzen eine Menschlichkeit wie sie nur unter vier Lagen warmer Kleidung reifen kann. Wer die Hygge, das Hjarta, den Weihnachts- oder Wintergeist umarmt, der umarmt sich selbst zuerst. Verpackt, nicht nackt, warm, nicht heiß, und tiefgehend, nicht oberflächlich, erfahren wir auf dem Markt mehr über uns selbst als die Menschen um uns herum. Dafür ist der Sommer da, jetzt ist erstmal Zeit für Räucherlachs oder Pellkartoffeln mit Spiegelei, und der gegenseitigen Versicherung, dass möge der Winter noch so kalt, die Abende noch so dunkel, und die Winde noch so harsch werden, wir sind da füreinander, eine Menschlichkeit.

Schritte um die Welt

Ich wohne in Friedrichsdorf, einem kleinen Kaff im Taunus, nördlich von Frankfurt. Hier gibt es ein paar Läden, zwei Schulen, vier Kirchen, eine Mormonen-Kommune mit Tempel, und die Geburtshäuser des Zwiebacks und des Telefons.

Wenn die beiden Museen, und der Friedhof dann langweilig werden, dann muss man raus. Nach Frankfurt gibt’s ’ne S-Bahn, die fährt alle 30 Minuten, und zum Media Markt sind’s dann noch so etwa 1000 Schritte, 1800 oder so total. Weil ich erstens faul bin, zweitens gerne mit Absoluten spiele, und drittens eine Ausrede für’s Reisen brauche, hab‘ ich mir mal angeschaut, wie viele Schritte es zu anderen Plätzen in Europa ist, von mir aus, und was ein Kaffee kosten würde (einfache Fahrt hin).

Amsterdam

1200 Schritte zum Media Markt Amsterdam — der Media Markt ist direkt am Oosterdok, etwa 300 Schritte zum Bahnhof. Kaffee gibt’s nebenan für 2.90€, was zusammen mit dem S-Bahn und Zug-Ticket (4.80€ und 156,20) auf 163.90€ kommt.

Oslo

1000 Schritte zum Bahnhof nach Oslo, Norwegen — mit der S-Bahn nach Frankfurt, dann mit dem Zug nach Kiel, und von dort mit der ColorLines nach Oslo, wo ein Bus zum Bahnhof fährt. Ohne Mahlzeiten (mit einer Übernachtung auf dem Schiff) sind das: 4.80€ für S-Bahn, 132,00 für den Zug nach Kiel, 134€ unter der Woche im Billigtarif nach Oslo mit dem Schiff, etwa 5€ für den Bus, und 3€ für den Kaffee. Zusammen also 278.80€ für einen Kaffee in Oslo. Spaß inbegriffen.

Bahnhof in Zürich

1100 Schritte zum Kaffee in Zürich — hier gehen wir in’s „Franzos“ am Limmatquai, weil der Kaffee gut ist. Kosten für eine Fahrt von Frankfurt nach Zürich sind 116,80€, der Kaffee ist, wie’s in Zürich normal ist, sauteuer, bei 8.90€. Zusammen also 130.50€ für einen Kaffee in Zürich.

Weitere Städte:

2045 Schritte nach Barcelona, 1870 nach Warschau, 904 nach Paris zum Kaffee direkt am Gleis, 1090 nach Wien (und der Kaffee war spitzenklasse), 1920 nach Rom, und 1350 nach Zagreb.

Fazit: wer faul und reich ist (was sich ja oft ausschließt), der kann seinen Kaffee mit weniger Laufen statt in der Frankfurter Innenstadt in anderen Städten trinken. Da gibt’s dann auch funktionierendes WLan, Kreditkartenzahlung, und ein gutes Abendprogramm kostenlos mit dazu.

Tschüss, Peter (und danke für Alles)

Wer drei Vornamen hat, der kann sich’s aussuchen. In meinem Fall waren Peter, Mikka, oder Jonas am Start, und Peter war sofort draußen. Meine Eltern riefen mich gerne so, aber ein Junge, der cool sein will, heißt nicht Peter. Deshalb war, vor allem in der Schule, der Mikka King bis sich irgendwann später der Jonas fürs Internet herauskristallisierte. Oder, besser, ich war ein Mikka in der Schule, bis sich an diesem einen verhängnisvollen Tag, an dem mein Zeugnis (an und für sich schon ein Grund für Scham) meinen vollen Namen trug. Seitdem war ich der Peter Luster, weil’s so schön nahe am Peter Lustig war.

Und der, damals noch in der Pusteblume, war ein Held. Heutzutage wäre ein Mann, der alleine im Wohnwagen im Wald lebt, und seine Tage mit Kindern ohne Begleitung Erwachsener verbringt, mehr als nur ein bisschen suspekt. Damals war das OK.

Lustig war ein (und mein) Held, aber nicht weil er alles wusste. Sondern, weil er eine Eigenschaft hatte, die wenige Erwachsenen zeigten: die Fähigkeit etwas nicht zu wissen, das zuzugeben, und dann (zusammen mit uns) herauszufinden, wie’s richtig ging.

Gestern ist er gestorben, der Peter. Als Kindern kannten wir ihn als Öko-Waldschrat und Wissenssammler, nicht als Osho-Jünger, der in Wirklichkeit auch mal mit der Autorin der Bibi Blocksberg Romane verheiratet war. Das machte ihn zum doppelten Helden, endlich mal ein Erwachsener, der uns nur Wissen und Wahrheit nahebringen wollte, der seine Religion und andere Vorlieben nicht einmal im Vorbeigehen ansprach.

Das war gut so, denn Lustig’s persönliche Ansichten, von seiner (Neo-Sannyasin) Ablehnung der Humanität Homosexueller bis zu diätischen und anderen Eigenheiten, hatten in unseren Wohnzimmern, wohl auch seiner Ansicht nach, nichts zu suchen. Peter Lustig war clean, ein Jugendentertainer, der uns nicht versuchte zu erziehen, sondern uns das Wissen vermitteln wollte, mit dem wir uns selbst erziehen konnten.

Damit wurde, und war, er der deutsche Mister Rogers, der Mann, dem man gerne seine Kinder anvertraute und dem Kinder vertrauten.

Mit seinem Auszug aus dem Bauwagen im Wald 2005, verlor Deutschland seinen coolsten verschrobenen Nachbarn. Gestern haben wir dann auch den Freund, der ihn spielte verloren. Ohne Peter ist die Welt ein bisschen weniger bunt, die Generationen, denen er erklärt hatte, wo das Ei herkommt und wie man aus Wind Energie erzeugt, werden ihn vermissen.