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Eine große deutschlandweite Befragung zeigt, dass die Nutzung von Wearables für Gesundheitsförderung und Prävention stark vom Alter, Bildung, Einkommen und der digitalen Gesundheitskompetenz beeinflusst wird. Besonders jüngere Erwachsene greifen häufiger zu digitalen Hilfsmitteln. Ältere Menschen, Personen mit anderen Bildungshintergründen und Haushalte mit geringerem Einkommen sind deutlich seltener Nutzer von Wearables. Insbesondere zeigt sich, dass Bewohner kleinerer Städte und Regionen im Osten Deutschlands zurückhaltender sind.

Ein interessantes Ergebnis ist, dass die digitale Gesundheitskompetenz einen entscheidenden Unterschied macht: Je höher diese ist, desto wahrscheinlicher werden Wearables auch im höheren Alter verwendet. Daraus folgt, dass Public-Health-Strategien unbedingt auch die Förderung digitaler Kompetenzen in den Fokus rücken sollten, um eine gerechtere Verbreitung von digitalen Gesundheitstechnologien sicherzustellen. Das ist besonders wichtig, damit alle Generationen und sozialen Gruppen gleichberechtigt von präventiven und gesundheitsfördernden Innovationen profitieren können.

Und hier sind ein paar Studien, die den positiven Impact von Wearables auf die Public Health zeigen:

Systematische Übersichtsarbeit zu chronischen Krankheiten (2022): In einer großen systematischen Übersichtsarbeit wurden 30 Studien zu Wearables im Management chronischer Krankheiten (z.B. Diabetes, Parkinson, Rückenschmerzen) ausgewertet. In der Hälfte der Studien zeigten Wearables wie Schrittzähler, smarte Armbänder und intelligente Schuheinlagen eine spürbare Verbesserung, etwa bei Schmerzreduktion, Schlafqualität, Adhärenz zu Bewegungszielen oder Lebensqualität. Besonders die kontinuierliche Messung von Gesundheitsparametern motivierte Patient:innen zur aktiven Selbstverwaltung ihrer Erkrankung.

Klinische Meta-Analyse mit Hospitalisierten Erwachsenen (2023): Eine Metaanalyse von 15 Studien (JAMA Network Open) ergab, dass stationäre Patient:innen, die Wearable-Tracker nutzten (z.B. Fitbits), signifikant mehr körperliche Aktivität ausführten, weniger Zeit im Sitzen verbrachten und eine bessere körperliche Funktion erreichten als Kontrollgruppen mit üblicher Versorgung. Die Verbesserungen betreffen Patienten in der Reha, nach Surgery und bei Schlaganfall.

Systematische Übersichtsarbeit zu Kindern und Jugendlichen (2024): In einem Review wurden 53 Studien (über 14 000 Kinder und Jugendliche) analysiert. Wearables erwiesen sich als geeignet und effektiv zur Gesundheitsförderung, Prävention und Behandlung. Besonders motivierend wirkten Feedback-Funktionen, Wettbewerbe und personalisierte Zielsetzungen; viele Studien berichteten über messbare Verbesserungen von Bewegungsaktivität, Schlaf und sogar Ernährungsgewohnheiten.

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In den USA (wie immer die Warnung, dass man national eingeschränkte Studien immer erstmal ganz genau lesen muss) wurde eine ziemlich große (n=88.905) Studie zu Licht und Gesundheit durchgeführt. Das Ergebnis: Wenn's nachts zu hell ist, ist das vielleicht sehr ungesund.

Nächtliche Lichtverschmutzung könnte ein bislang unterschätzter Umwelt-Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Anpassungen des Beleuchtungsverhaltens — etwa dunklere Schlafzimmer oder weniger Kunstlicht in der Nacht — könnten potenziell präventiv wirken.

Auch wichtig: Sonnenlicht nach dem Aufstehen. Sonne für 30 Minuten innerhalb der ersten Stunde nach dem Aufstehen ist stark mit besserer körperlicher und, vor Allem, mentaler Gesundheit assoziiert. Zur-Arbeit-Laufende und Biker sind hier klar im Vorteil, Homeoffice und Autofahrer:innen stark im Nachteil.

Satellitendaten zeigen, dass die Belastung durch künstliches Licht in der Nacht (Light at Night - LAN) zwischen 1992 und 2017 um fast 50 % zugenommen hat. Das wurde bisher im Zusammenhang mit Brustkrebs, besonders dem Estrogen-positiven Krebs (E+) untersucht, und bei Frauen unter 40 wurde hier ein möglicher Zusammenhang festgestellt. Kardiovaskuläre Erkrankungen wurden jedoch hier zum ersten Mal in einer großen Studie erfasst.

Aber: Die Studie ist beobachtend, daher kann hier kein direkter Beweis für Kausalität angenommen werden. Zudem könnten Residual-Konfundierungen (z. B. Schlafqualität, sozioökonomische Faktoren) eine Rolle spielen.

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Ok, letztes medizinisches Thema für heute, aber so absolut großartig, bahnbrechend, weltbewegend … Wissenschaftler:innen an der University of Warwick (GB) haben anscheinend einen Pathway gefunden, der Antibiotikaresistenz umgehen kann, und das bei den meisten der "großen" Resistenzen.

In dem gestern publizierten Paper wird auf eine Entdeckung im Jahr 2023 aufgebaut. Beide Forschungsprojekte, dieses und das von 2023, wurden von einem EU Grant, dem "Project ACTINOGEN" unterstützt.

Antibiotikaresistenz (oder, besser, "Antimicrobial Resistance", AMR) ist absolut die größte Gefahr für den Menschen im 21. Jahrhundert. Wenn wir die nicht in den Griff bekommen, dann können wir auch wieder Plastik herstellen und Batterien in die Meere schmeißen, an die wir mit unseren F-350-Gas-Guzzlern gefahren sind, weil die Menschheit die Auswirkungen der Klimakatastrophe und der Umweltzerstörung nicht mehr erleben wird.

Und während in den USA die Regierung Gelder mehr und mehr aus der Wissenschaft abzieht, hat die EU mit einem Grant uns vielleicht eine Chance gegeben, die Auswirkungen unserer katastrophalen Klimapolitik noch mitzuerleben.

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Jonas Salk (1914-1995)

Heute vor 111 Jahren wurde Jonas Salk in NYC geboren. Nach seinem Medizinstudium entschloss er sich, in die Forschung zu gehen, statt als Arzt zu praktizieren, eine Entscheidung, die stark durch seine Kindheit in einer jüdischen Gemeinschaft geflüchteter Russen geprägt war. Aschkenasim waren in den USA sehr viel häufiger von einer Erkrankung namens Morbus Gaucher betroffen (eine Erbkrankheit, die sich in der nach außen geschlossenen Gesellschaft der Juden in Amerika dort eben trotz rezessivem Charakter stark verbreitete). Gleichzeitig waren Aschkenasim sehr viel weniger gegen Tuberkulose anfällig.

Während seiner Studien entwickelte er ganz nebenbei einen der ersten funktionierenden Influenza-Impfstoffe und dokumentierte einen neuen Weg, spezifische Influenza-Viren zu isolieren und den Impfstoff anzupassen. Später widmete er sich dann vollständig der Forschung zur Kinderlähmung, was schon gegen 1950 zu den ersten Erfolgen in der Entwicklung eines Impfstoffes führte.

Am 12. April 1955 sprach er die berühmten Zeilen (auf die Frage, wer das Patent für den Impfstoff hat) "Well, the people, I would say. There is no patent. Could you patent the sun?" Ohne diese Einstellung hätte Albert Sabin (ebenfalls ein russischer Jude, dessen Familie in die USA geflüchtet war) die Schluckimpfung nicht so einfach entwickeln und schon ein Jahr später auf den Markt bringen können. Die "Sabin Sundays", an denen in den USA (und nach diesem Modell auch in Europa) jede Woche Zehntausende die Tropfen auf dem Zuckerstück schluckten, sind ausschlaggebend für die weitestgehende Ausrottung von Polio im Westen.

Und wenn das noch nicht badass genug ist: Er hat Pablo Picasso die Freundin ausgespannt und diese geheiratet. Das war, zumindest soweit bekannt, das einzige Mal, dass eine Frau Picasso verlassen hatte, statt von ihm verlassen zu werden.

Weniger badass ist leider, dass gegenwärtige politische Strömungen in den USA und die Ablehnung von Impfungen durch viele islamistische Prediger (da haben sie was gemein, die Rechten und die Islamisten, wer hätte es gedacht?) Polio heute wieder im Westen sein hässliches Haupt hebt.

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In Association of Skipping Breakfast with Metabolic Syndrome and Its Components: A Systematic Review and Meta-Analysis of Observational Studies beschreiben die Autoren eine anscheinende Assoziation zwischen metabolischem Syndrom und Frühstück, oder besser dem Verzicht auf dasselbe.

Das Metabolische Syndrom ist ein ernstzunehmendes Problem in Deutschland. Für sich alleine ist es der drittgrößte Kostenfaktor in ambulanter und praktischer Medizin, der zweitgrößte in klinischer Medizin. Als Ursache und Komplikation steigt es dann auf die Nummer Eins. Es erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle. Es erhöht also das Risiko bei Eingriffen die nichts mit dem Syndrom zu tun haben (nach einem Unfall, zum Beispiel) und verlängert Rekonvaleszenz drastisch. Die mit dem metabolischen Syndrom einhergehende Adipositas, welche beides Auslöser und Symptom der Erkrankung sein kann, verschlechtert Prognosen bei Krebs, verhindert Immunantworten, und könnte nach einigen Studien, Alzheimer begünstigen.

Aber: Beobachtungsdaten = Korrelation, nicht Kausalität. Das Auslassen des Frühstücks kann ein Indikator für andere Lebensstilfaktoren (Schlaf, Stress, sozioökonomischer Status) sein. Außerdem ist „Frühstück“ nicht streng definiert; kulturelle Unterschiede spielen eine Rolle.

Take Home: Zeit für's Frühstück sollte trotzdem immer sein.

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